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Berufsrechtswidriges Verhalten kann zu wichtigem Kündigungsgrund für AG führen

Berufsrechtswidriges Verhalten eines projektbetreuenden Architekten, welches zur Löschung aus der Architektenliste führt, kann eine Kündigung aus wichtigem Grund durch den Auftraggeber rechtfertigen.

Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Eine vorzeitige Vertragsbeendigung hat erhebliche Auswirkungen auf die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien.

Der Auftraggeber kann den Architektenvertrag sowohl aus wichtigem Grund als auch ohne einen wichtigen Grund, d.h. jederzeit, kündigen.
Beispiel
(nach OLG Stuttgart , Urt. v. 18.10.2022 - 10 U 99/22 (nicht rechtskräftig))
Eine Architekten-Gesellschaft wird durch eine Gemeinde mit Architektenleistungen beauftragt. Die beiden Geschäftsführer der Architekten-Gesellschaft werden aus berufsrechtlichen Gründen aus der Architektenkammer ausgeschlossen. Es hatte sich herausgestellt, dass das Architekturbüro wiederholt Falschangaben zur eigenen Leistungsfähigkeit in VOF-Verfahren gemacht hatte, u. a. über die im Büro fest angestellten Mitarbeiter und deren Berufserfahrung sowie über Referenzobjekte (vgl. OVG Sachsen, Urteil vom 15.07.2018). Die Gemeinde kündigt aus wichtigem Grund, es kommt zum Rechtsstreit u. a. über die Wirksamkeit der Kündigung.

Das OLG Stuttgart hält die außerordentliche Kündigung der Gemeinde für wirksam. Eine weitere Zusammenarbeit mit der Architekten-Gesellschaft sei der Gemeinde nicht zumutbar gewesen. Hier seien die Geschäftsführer der beauftragten Gesellschaft, u. a. der projektbetreuende Architekt, aus der Architektenkammer ausgeschlossen worden. Die Umstände, die zu dem Ausschluss der beiden Geschäftsführer aus der Architektenkammer führten, rechtfertigten auch die außerordentliche Kündigung. Der Ausschluss gründete sich auf den Umstand, dass beide Geschäftsführer wiederholt massive Täuschungen gerade gegenüber öffentlichen Auftraggebern begangen hätten. Eine vertragliche Zusammenarbeit erfordere ein Grundvertrauen in die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit des Vertragspartners. Gerade dieses Vertrauen wurde aber durch die festgestellten Täuschungen zerstört.

Hinweis
Der Ausschluss der beiden Geschäftsführer aus der Architektenkammer führte nicht unmittelbar zu dem Ergebnis, dass die Architekten-Gesellschaft wegen fehlender Bauvorlageberechtigung nicht mehr leisten konnte; denn weitere Mitarbeiter des Büros hätten ebenfalls eine Bauvorlageberechtigung. Anderenfalls wäre die fehlende Bauvorlageberechtigung (soweit die Baugenehmigung noch nicht vorlag) ein weiterer Kündigungsgrund gewesen.

Kontakt
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Kanzlei:
Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck